06.03.2020
Das Panikorchester des Corona-Virus' spielt nun auch den Sebring-Marsch. Am Donnerstag erreichten gleich zwei Nachrichten die PITWALK-Redaktion: Der Le Mans-Veranstalter ACO beschwichtigte in einer Pressemitteilung vorauseilend, dass die Veranstaltungen des Frühlings – Sebring und Spa – ebenso sicher seien wie man nach derzeitigem Stand davon ausgehe, dass die 24 Stunden von Le Mans Mitte Juni plangemäß über die Bühne gehen könnten. Allerdings behalte man die Situation rund um die Ausbreitung des Corona-Virus genau im Auge.
Ach was.
Die Geschichte hinter dieser profanen PR-Aussendung: In Kreisen der Sportwagen-WM gehen konkrete Befürchtungen einer Absage des WM-Laufs in Sebring um. Die Überlegungen dahinter: Die amerikanischen Einreisebehörden würden Italienern den Zugang ins Land verwehren, weil Norditalien als Risikogebiet der Corona-Ausbreitung gilt. Damit würden die Mechanikerbelegschaften für sechs Ferrari in der Pro- und Am-Wertung der GTE-Klasse fehlen. Die Autos könnten dann nicht eingesetzt werden. Und bei solch' einer Wettbewerbsverzerrung seien die Veranstalter gezwungen, das Rennen abzublasen.
Der ACO hat mit seiner Pressemitteilung zwei Sachen auf einen Schlag erwirkt: das Gerücht für den Moment entschärft – und sich gleichzeitig die Tür für eine Absage weiter geöffnet.
Der Weg aus dem Dilemma wäre für Ferrari ganz einfach. Es gibt auch in den USA mehrere gute Teams, die Ferrari-GT-Rennwagen einsetzen können. Risi Competizione aus Houston natürlich an allererster Stelle. Die Mannschaft von Guiseppe Risi, dem größten Ferrari-Händler der Staaten, hat eine jahrzehntelange Historie als erfolgreiches Einsatzteam, kann sofort einen GTE betreuen. Auch in der GT3-Szene gibt es ein erfolgreiches Team – jenen Trupp, der mit Toni Vilander und Daniel Serra – dem Sohn des ehemaligen Formel 1-Piloten Chico Serra – in der amerikanischen Filiale der weltweiten SRO-GT3-Serien das Maß der Dinge darstellte. Man könnte die Mechaniker und Ingenieure dieser Belegschaften als Weekend Warriors verpflichten und so einem möglichen Engpass entgegenwirken.
Das wäre zwar sicher nicht ideal für die Teams, welche die 458 sonst in der WM einsetzen – aber immer noch besser, als gleich den ganzen WM-Lauf auf dem Schaffott des Virus' zu opfern.
Zumal Sebring so oder so stattfinden wird. Denn das Konzept von Super Sebring sieht nun mal neben der WM auch das traditionelle 12 Stunden-Rennen der IMSA und einen GT4/TCR-Lauf vor. Der nordamerikanische Teil von Super Sebring steht überhaupt nicht zur Disposition. Das sehen auch die Fans so. Zur Kultur von Sebring – auch ohne WM und den Super-Zusatz – gehört schon immer, dass die Zuschauer einen Monat vor dem Event anfangen, das Gelände in Beschlag zu nehmen, ihre Wohnwagenburgen und Zelte aufzuschlagen und das Volksfest zu beginnen.
Der Trek, der an Lucky Luke-Comics bei der Erschließung des Wilden Westens erinnert, ist längst auf dem Flughafengelände in Mittelflorida angekommen. The Zoo, so heißt das Gelände gegenüber der Boxen, das sie bevölkern. Und Sebring Nation nennt sich diese Fangemeinde, die sich schon tagelang auf eine Wartewiese in die Schlange gestellt hat, bevor die Eingangstore geöffnet wurden.
Inzwischen haben die Siedler ihren Zoo erschlossen. Von dort wird sie auch eine diffuse Virusfurcht nicht vertreiben können.
Und die Flüge für Miami sind auch schon gebucht, um direkt in Sebring podcasten und recherchieren zu können.