+++ 2024-08-29 19:14 : Blog – warum will niemand Mick Schumacher? +++ 2024-08-18 11:14 : Blog – der unsinnigste Vergleich des Jahres +++ 2024-08-08 17:24 : Podcast – Erinnerungen an Speedwaystar Tommy Dunker. Interview von Norbert Ockenga mit Weggefährte und Rivale André Pollehn +++
BACK

14.05.2019

Max-Faktor


Ist das ein neuer Trend? Plötzlich entdecken die Serienbetreiber wieder den Flair alter Rennstrecken. Das Comeback von Zandvoort in der Formel 1 ab 2020 ist da nur die Spitze des Eisberges. Das DTM fährt dieses Wochenende in Zolder, der Tourenwagen-Weltpokal startet jetzt schon in Zandvoort.

Beide Strecke sind von Westdeutschland aus sehr einfach zu erreichen. Beide haben Formel 1-Hintergrund aus einer Zeit, als in der Königsklasse noch Helden gemacht wurden, aber auch Helden gestorben sind. Beide liegen eingebettet in eine malerische Landschaft. Und beide haben auch im deutschen Motorsport Tradition – der Bergische Löwe als Austragungsort des DTM-Auftakts, als diese Serie noch ihren Namen verdiente, und der Dünenkurs an der Nordseeküste als Herberge vor allem für den Breitensport mit der unvergessenen, gleichzeitig schmerzlich vermissten Top Ten-Veranstaltungsreihe mit DTC, V8Star und Co.

Bevor das hier zu nostalgieduselig wird, sollte man lieber überlegen, wo man dieses Wochenende hingeht. Und da fällt die Antwort nicht schwer: Zandvoort.

Denn die WTCR, wie der Tourenwagen-Weltpokal sperriger Weise heißt, bietet den ehrlicheren Motorsport. Die Zweiliter-Turbos sind echte Tourenwagen. Mit ihnen kann man austeilen, sie können aber auch einstecken. Und ihr Charakter als Fronttriebler erlaubt es den Piloten auch, aus solchen Raufhändeln wieder rauszukommen: einfach Vollgas geben, dann zieht die Vorderachse den driftenden Wagen schon wieder aus dem Schlamassel. Sieht spektakulär aus, muss auch gekonnt sein, denn ist eine ziemliche Zirkelei am Volant – aber funktioniert gerade im wilden Haufen des Weltpokals immer wieder.

Das DTM hingegen setzt immer noch die falschen Prioritäten: zu viel Aerodynamik, dazu das bemüht wirkenden Verlangen nach mehr Motorleistung. Die Formel zum Erfolg lautet anders: Luftführung beschneiden, dazu mehr Leistung – dann gibt's auch packende Rennen. Gekünstelte Spannung will keiner sehen. Das erkennt man am bescheidenen Zuschauerzuspruch beim Saisonauftakt in Hockenheim.

Und mehr noch: Im Weltpokal dürfen die Fahrer noch Mensch und Haudegen sein, und sie leben das in einer Mischung aus Höflichkeit und Haudegentum aus. Zwar hat die Kommunikationspolitik von VW Rob Huff in eine abwehrende Arroganz getrieben, die dem Engländer gar nicht zu gesteht und die auch nicht zu ihm passt. Aber generell ist der Umgang mit den Fans im WTCR-Fahrerlager ein echtes Erlebnis.

Im DTM dagegen muss Ferdinand Habsburg sich in eine James-Bond-Kostümschau werfen, um dem Aston Martin-Einstieg von R-Motorsport – und ohne Einfluss vom Werk – eine Geschichte überzustülpen.

Dazu fällt besonders auf: Die Mitveranstalter jenes Fernsehsenders, der die WTCR überträgt, haben sich ab 2019 in ihren Magazinsendungen von genau jenem Storytelling wieder verabschiedet, in das sich das DTM gerade wieder hineinsteigert. Die halbstündigen Zusammenfassungen kommen nun wieder als ernsthafte Sportberichterstattung daher – Rennbilder, O-Töne der Fahrer, Analysen des Wochenendes. So muss das sein, wenn man glaubwürdig Motorsport treiben und transportieren möchte.

Und Zandvoort lockt noch mit einer weiteren Delikatesse: Max Verstappen dreht Demorunden in seinem Red Bull-Formel 1-Boliden.

Allein das wird dafür sorgen, dass die Dünen und Tribünen an der Nordsee vor Zuschauer überquillen. Und die Niederländer sind bekanntlich besonders gut darin, Stimmung zu verbreiten. Also: ab ans Meer!


Teile diesen Beitrag

Das könnte auch interessant sein:

  • 01.11.2024

    Die Kunst des Überholens

    Der Spruch begleitet jeden Motorsportler schon, seit er sich mit dem Sport befasst: „Die Kurve gehört mir“. Oder wahlweise auch irgendjemanden mit Namen, je nachdem, wer gerade der…
  • 25.10.2024

    Weichspüler statt Sportler

    Reisen nach Mexiko haben immer einen gewissen Abenteuerfaktor. Das liegt an Montezumas Rache. So heißt – zumindest in Motorsportkreisen schon seit den Achtzigern – eine typische Du…
  • 02.10.2024

    Auf nach Wasserburg

    Oldtimertreffen können zuweilen etwas merkwürdige Veranstaltungen sein, zumindest für echte Racer: Ältere Herrschaften stehen mit ebenso alten Autos beisammen, unterhalten sich ode…
  • 18.09.2024

    Der Oscar geht an…

    Jetzt macht die Formel 1 richtig Spaß. Denn ab jetzt muss jeder Schuss sitzen. Lando Norris hat noch eine reelle Chance, Weltmeister zu werden. Aber nur, wenn weder er noch McLaren…
  • 13.09.2024

    Max und Mojo

    Am Ende stellte es zwar keine Überraschung mehr da. Aber ein Kracher ist es dennoch: Adrian Newey, das derzeit größte Genie unter den Formel 1-Konstrukteuren, dockt bei Aston Marti…
  • 08.09.2024

    Kartoffel-Held

    Norick Blödorn gilt als das deutsche Toptalent im Speedway schlechthin. Der gerade mal 19-Jährige aus der Nähe von Kiel bestreitet ab dieser Woche mit seinem englischen Ligaverein,…
  • 07.09.2024

    Nippel, Zakspeed und noch viel mehr

    Hallo lieber PITWALK-Freund, wir sind schon fast wieder fertig mit der nächsten Ausgabe von PITWALK. Die Kollegen sind dabei, den 180 Seiten den letzten Feinschliff zu verpassen, …
  • 29.08.2024

    Niemand will Mick

    Der Anruf endet in einem murmelnden Ächzen. Christopher Mies, einer der besten deutschen GT3-Sportwagenpiloten überhaupt und momentan bei Ford in einem der Mustang für die nordamer…
  • 21.08.2024

    Ist Handball gleich Fußball?

    Manche Fässer hätte man am besten gar nicht erst aufgemacht. Kurz vor Ende der Formel 1-Sommerpause lässt sich Kyle Larson, ein 32-jähriger US-Rennfahrer aus Kalifornien, mit den W…
  • 31.07.2024

    Der Wonderboy ist tot

    Es ist genau die Nachricht, die alle Hoffnung zunichte macht. Tommy Dunker lebt nicht mehr. Der Schleswig-Holsteiner verstarb bereits am 4. Juli. Doch die Familie hielt die Todesna…
  • 28.07.2024

    Orange is the New Depp

    Die Flinders Street Station ist einer der wichtigsten Knotenpunkte im ÖPNV von Melbourne. Und an einer ihrer Ecke steht ein kleiner Lebensmittelladen, grad so, wie man ihn bis vor …
  • 26.07.2024

    Flutlicht-Spiele

    Speedway zieht seit ein paar Monaten immer mehr PITWALK-Leser und PITCAST-Hörer in seinen Bann. Nicht zuletzt, seit dieser spektakuläre Motorradsport regelmäßig Platz in den 180 Se…
2024 – BILD-PUNKTE LAREUS.MEDIA