13.05.2019
Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Diese Woche wird verkündet, dass die Formel 1 wieder in Zandvoort starten wird. Da werden Erinnerungen an wilde, aber auch goldene Zeiten des Motorsports wach. Jetzt hat Max Verstappen es geschafft, die alte Strecke wieder ins Gedächtnis zu rufen.
Denn der Niederländer, der bald schon an Sebastian Vettel und Ferrari in der WM vorbeigehen dürfte, hat eine Bewegung ausgelöst, die im Fahrerlager längst als die Orangene Armee bekannt ist. Spätestens als in Spielberg 2018 Heerscharen von Oranjes mit farblich passenden T-Shirts, viele davon in den unvermeidlichen, klischeebehafteten Wohnwagen, einfielen und die Österreicher eine eigene Tribüne für die Niederländer bauen mussten, hat sich abgezeichnet: Auch die Formel 1-Veranstalter aus Amerika möchten vom Max-Kult profitieren.
Völlig zurecht. Denn blutleere Rennen gibt es inzwischen genug, da kann es nicht schaden, mal wieder einen Grand Prix mit Flair neu in den Kalender aufzunehmen. Wer die Wahl zwischen Vietnam und Holland hat, braucht nicht zwei Mal nachzudenken, wo er die stimmungsvollere Veranstaltung erleben wird.
In den Niederlanden ist seinerzeit ein Ringen um den Austragungsort entbrannt: Assen wollte Zandvoort ausstechen. Die Betreiber der Motorradpiste unweit von Groningen – und damit auch nicht weit von Ostfriesland und dem Emsland entfernt – wollten mit den moderenen Anlagen und dem besseren Verkehrskonzept punkten. Denn es stimmt schon: Um zum Dünenkurs an die Nordsee zu gelangen, muss man sich hinter Amsterdam durch Wohngebiete und über Ampelkreuzungen quälen. Doch: Wer bei den letzten Motorrad-WM-Läufen in Assen war, hätte auch nicht lauter über Dauerstaus in halb Drenthe klagen können. Und Besserung ist auch da nicht in Sicht, während die Zandvoorter immerhin ein Bus- und ÖPNV-System ab Amsterdam überlegen, um die Lage zu entschärfen.
Assen ist zudem eine echte Motorradpiste, deren Layout und Kerbs nur bedingt für die Formel 1 taugen. In Zandvoort stehen aufgrund des Layouts zwar auch eher Prozessionen zu erwarten statt Überholschlachten. Aber man kann als Zuschauer zumindest sehr genau erkennen, wie ein Formel 1-Wagen sich am Limit verhält. Das ist ganz ähnlich wie Silverstone – auch ein Rennen für Kenner und Genießer der Königsklasse, die einschätzen können, was Fahrphysik bedeutet. Zandvoort wird da noch eine Spur spektakulärer.
Assen müsste sich zudem darauf einstellen, dass die Hochabtriebsautos mit ihren dicken Reifen den Asphalt in eine Wellenlandschaft verwandeln – zumindest aus Sicht der Motorrad-WM-Piloten, die mit den Unebenheiten, welche die Grand Prix-Piloten in den Brems- und Beschleunigungszonen unweigerlich aufwerfen, nicht leben können. Nicht zuletzt darin hat die Malesche von Silverstone mit dem Asphalt-Hickhack ihren Ursprung.
Es gibt keinen besseren Ort als Zandvoort, um den neuen Formel 1-Wahnsinn in den Niederlanden – und das ist voll und ganz positiv gemeint, wenn auch mit einer Spur Neid in der Bewunderung für die Begeisterungsfähigkeit der Oranjes – stimmungsvoll und stimmgewaltig mit Leben zu erfüllen.
Mir hat ein gut informiertes Vögelchen schon beim Sechsstundenrennen von Spa geflüstert, es werde Zandvoort werden. Also: Wer sich jetzt schon Hotels dort bucht, kann noch ein Zimmer erwischen für ein neues Highlight im Kalender. Ist das Rennen erst offiziell verkündigt, wird das Dünenbad bald ausgebucht sein.