28.11.2020
Ins Scheichtum kommt man nur durch ein Zelt wie von einem Schützenfest hinein. Der Flughafen von Bahrein ist für alle Coronafälle gerüstet: Noch bevor man überhaupt in den Inselstaat im Persischen Golf einreisen kann, muss man in einem eigenen Sicherheitsbereich einen Covid-Schnelltest machen.
Die Ergebnisse kriegt man in einer Zeit, in der man etwa am Hamburger Flughafen Fuhlsbüttel noch immer auf sein Aufgabegepäck warten muss.
Erst wenn man als Nichtvirenschleuder erkannt wird, darf man weiter zu den Mietwagenschaltern, die extra für dieses neue Einreiselayout nach draußen verlegt worden sind. Im Nahen Osten lässt das Wetter solche Impromptu-Improvisationen zu.
Die Nahosttournee mit zwei Rennen in Bahrein und dem Finale in Abu Dhabi ist eines der Musterbeispiele aus dem Motorsport, wie man Corona eindämmen kann. Macau ist ein weiteres Exempel. Dort fand am vergangenen Woche ein großes Stadtrennen für Tourenwagen, GT3-Boliden und Nachwuchsfahrer statt. Eigentlich ist Macau ein internationales Spektakel, doch wegen Corona haben die Ausrichter das Rennen in Asien schon früh im Jahr auf eine regionale Veranstaltung zusammengeschrumpelt.
Wer trotzdem etwa vom chinesischen Festland auf die Halbinsel im Südchinesischen Meer reisen wollte, musste sich für 14 Tage in Qurantäne begeben – allein in einem winzigen Hotelzimmer, das man zwei Wochen nicht verlassen durfte. Sogar der Engländer Rob Huff hat sich diese Einzelhaft angetan, um beim Guia Race mitfahren zu können. Ich habe einige Zoom-Videocalls mit ihm geführt, für unsere Podcastreihe und die nächste Ausgabe der Zeitschrift PITWALK – es ist schon ein Wahnsinn, sich da zwei Wochen ganz allein einzukerkern.
Andererseits berichtet Huff davon, dass es in Macau schon seit Wochen genau null Neuinfektionen gebe. Und die strikten Kontrollen in Bahrein haben etwa Jonathan Wheatley schon bei der Einreise rausgefiltert: Der Teammanager von Red Bull Racing ist positiv getestet worden – und steckt nun seinerseits für 10 Tage in Arabien in Quarantäne.
Im Vergleich zum hiesigen Schlingerkurs wirken die Lösungen von Macau und Bahrein wie ein Vorbild zu einer zwar kompromisslosen, dafür aber auch schnell wirkenden Eindämmung der Seuche.
Die Formel 1 bleibt jetzt für Wochen in Arabien, aufgeteilt in Kohorten, meist die Mechaniker und Ingenieure, die je an einem Auto arbeiten. So wird schon das ganze Jahr versucht, eine Ansteckung innerhalb des Fahrerlagers zu vermeiden. Und die Fälle, die bekannt geworden sind, folgen in der Tat immer demselben Infektionsmuster: entstanden in Rennpausen, wenn die später Infizierten daheim waren und mit dem normalen Leben in Kontakt kamen. Deutsche Politiker würden das als diffuses Infektionsgeschehen beschreiben.
Man merkt bei der Art, wie die Länder und Ausrichter mit der Seuche umgehen, zweierlei: den unbedingten Willen, die Rennen zu veranstalten – aber auch die Furcht, als Einfallstor für Viren zu dienen und dann auch noch negative Schlagzeilen zu schreiben.
Die Entschlossenheit, Rennen zu fahren, merkt man bei keinem so sehr wie beim Quarantänekönig Rob Huff in Macau. Dessen Einzelhaft steht auch im krassen Kontrast dazu, wie die Formel 1-Fahrer mit den Maßnahmen umgehen: Für Valtteri Bottas und Charles Leclerc war es ja schon zu viel verlangt, zu Saisonbeginn zwischen zwei Rennen für drei Tage in der Steiermark in ihrer Kohorte zu bleiben. Huff dagegen sperrt sich gleich zwei Wochen lang ganz allein weg – der Hunger und die Leidenschaft zum Motorsport ist in anderen Klassen offenbar größer als in der übersättigten Formel 1, in der sich die Aktiven gern mal ihre eigenen Regeln geben.
In Arabien haben sie jetzt keine Wahl. Die Landesregierungen sowohl von Bahrein als auch von Abu Dhabi haben allen Alleingängen per Verordnung einen Riegel vorgeschoben. Sie tun das in der typisch arabischen Art ihrer Scheichtümer: mit Gastfreundschaft, Freundlichkeit – aber auch eine Bestimmtheit, der sich keiner zu widersetzen traut.
Es braucht eine harte Hand, um die Viren zu zähmen. Und manchmal auch, um die Formel 1-Akteure zu bändigen. Die Araber zeigen, wie’s geht.