27.03.2019
Motorsportreisen nehmen zuweilen wunderliche Wege. Etwa am Mittwoch. Dort avancierte der Hans-Koschnik-Flughafen von Bremen plötzlich zu einem unerwarteten Treffpunkt. In einem der Sessel kauert Dominik Greiner vor seinem Laptop. Dabei ist der Heimatflughafen des Teammanagers vom Honda-Team Mönnich eigentlich Hannover, doch für ein Mal bietet Bremen die bessere Verbindung.
Ob wir das gleiche Ziel hätten, fragt Greiner, es ist mehr rhetorisch gemeint. Der Weg führt nach Barcelona, zum Abschlusstest und der offiziellen Serienpräsentation des Tourenwagen-Weltpokals WTCR. Greiner übersieht dort die Einsätze von zwei Honda Civic mit argentinischen Fahrern.
So schnell sich die Wege gekreuzt haben, so schnell entflechten sie sich auch wieder: Der eine Flug führt via München nach Barcelona, der andere mit einer Umsteigeverbindung über Frankfurt. Greiners Zubringerflug nach München ist verspätet, der andere ganz untypisch pünktlich. Und dann schweift der Blick aus dem Fenster, man sieht den Montblanc auf dem Weg über die Alpen zur Côte d’Azur, und irgendwo etwa 10 Minuten weiter vorn krabbelt die Maschine von Greiner Katalonien entgegen.
Nehmen wir dort ein Taxi zur Strecke zusammen? Nein, Gabriele Tarquini und Norbert Michelisz
warten für PITWALK-Geschichten bzw. -Podcastaufnahmen bereits dort, wo abends die Präsentation stattfinden soll. Also dann, gute Reise.
Abends läuft man sich wieder in die Arme, ein Schmunzeln über diese leicht unglaubliche Note der Berufspendler bleibt, einen Witz kann Greiner sich auch nicht verkneifen. Doch insgesamt soll sich die Reise lohnen: Der Weltpokal zeigt gerade, wie man eine Tourenwagenserie aus dem Sturzflug wieder auf solide Füße stellen kann. Die Macher sind zurecht stolz darauf und lassen das auch raushängen. Vor anderthalb Jahren hätte kaum jemand einen Pfifferling auf die Serie gegeben.
Nur komisch, dass in Deutschland so wenig davon ankommt. Das Civic-Team unter der Fuchtel von Greiner und neuerdings ein deutscher TCR-Spezialist, Benjamin Leuchter, im Rennstall von Sébastien Loeb – und das war’s auch schon an Resonanz. Die Öffentlichkeit nimmt keine Notiz, obwohl der Sport mit Ellenbogen, Krachen und Raufen mehr Unterhaltung bietet als das DTM.
Der deutschen TCR geht’s kaum besser. Dabei ist dort Honda als Speerspitze ebenfalls vorbildliche vertreten – unter der Regie von Klaus Kniedel, dem Honda-Motorsportmanager für den deutschen Markt. Kniedel hat für 2019 sogar die junge Bodenseeschwäbin Michelle Halter verpflichtet – Leser der Zeitschrift PITWALK bereits seit zwei Jahren als absolutes Tourenwagen-Toptalent auf nationalem Level bestens bekannt. Die aparte Blondine startet dieses Jahr mit ihrem Bruder in einem Honda Civic TCR.
Allerdings hat auch Kniedel nicht vermeiden können, dass der Honda NSX aus dem Team von Torsten Schubert 2019 nicht mehr im GT-Masters antritt. Zwar hat Schubert noch die Hoffnung, und auch die Versuche nicht aufgegeben, noch zahlungskräftige Fahrer für den NSX zu finden. Doch das Hauptaugenmerk des Oscherslebers liegt nun wieder auf BMW, seiner Stammmarke: Er hat einen M6 GT3, ist neben dem Rennstall von Karsten Molitor das einzige BMW-Team im GT-Masters.
Denn Schnitzer ist in den Interkontinentalen GT-Cup und zum 24 Stunden-Rennen auf dem Nürburgring samt der zugehörigen VLN-Vorbereitungsläufe abkommandiert worden.
Honda-Manager Kniedel ist übrigens am selben Tag nach Barcelona geflogen. Er hat am Flughafen Frankfurt vergebens Ausschau nach Begleitung erhalten: Er war auf eine Verbindung zwei Stunden früher gebucht.